Donnerstag, 1. April 2010

Zwischenlandung

Das Ende ist schnell erzählt. Es ist kein richtiges Ende. Da, von wo ich zurückflog, will ich im Mai wieder sein, das ist hier eine Zwischenlandung, und ein Wiedersehen auch. Alles war gut gegangen, fünf Wochen in der Fremde, mit ca. 150 anderen bequem im fast pünktlichen Flugzeug von Lviv nach Dortmund, dort flutschten sogar die Kontrollen, und ein Taxifahrer fuhr mich zum Hauptbahnhof. 20 Uhr 10. Das Taxi hatte fast soviel gekostet wie der Flug, aber ich würde den letzten Zug nach Berlin bekommen. Begeisterter Anruf zuhaus, in den Zeitungsladen, dann auf den Bahnsteig. Und weil ich die Zeit hatte, dachte ich, stell ich die Zeit gleich um - auf dem Handy, dem i pod, den beiden Kleinen, die mir die Reise so glänzend erleichtert hatten. Stell mein Gepäck ab, wühle mich durch die Telefonfunktionen, denke noch: Ganz schön was los hier in Dortmund, ein Regionalzug hält, ich schau auf den Boden: Die Reisetasche geklaut. Mit Fotoapparat, Quittungen und Adressen. Nichts richtig Teures also. Nur die dingfeste Erinnerung.
Dortmund. Nach all den Witzen von weitläufigen Bekannten: Du fährst nach Polen, suchst wohl dein Auto?
Dortmund.
Um ein Uhr nachts dann zuhaus.

Freitag, 26. März 2010

Lviv zurück

Manchmal geh ich irgendwo zweimal hin. Wenn mir jemand sympathisch war. Wenn mir was Rätsel aufgibt. Heut nicht, ich probiere am letzten Abend ein fremdes Café in der Altstadt. Sie waren etwas überrascht, dass ich essen wollte. Aber überall sind die Speisekarten reichhaltig, und dass ein Lokal sich Kafe nennt, hat eher konzessionelle Gründe. Leider ist der Salat mit Rinderherz aus. Aber Zunge auf Käsescheibchen, Kohl und Majonnaise ist zu kriegen, aparte Vorspeise. Gute Einleitung, aber zu nichts Größerem hin, denn abschließend will ich nur ein Tellerchen Leber mit Zwiebeln. Leichtes Kopfschütteln, als Alleinreisender neigt man ja dazu, jede Regung der andern auf sich zu beziehen. Aber irgendwann weiß man es, redet es sich aus und kommt schließlich dazu, auf nichts mehr zu achten. Dann lacht man den Handtaschenräuber freundlich an: Ja, nette Idee, aber dich hab ich mir grad  nur ausgedacht, weiß ich, blöd von mir... 
Hier sitzen keine Fremden. Man merkt es an der Ruhe. Ukrainer sind streckenweise sehr ruhig. Wenig Streit und Hektik, und wenn, dann dreht eine Person auf, was die andern dazu bringt, nur noch stiller zu werden.
Was nicht heißt, das Harmonie herrscht, eher Abgrenzung. Nicht erstaunlich bei der Enge, in den Verkehrsmitteln, den Wohnungen, auf den Stadtstraßen.

Die Fahrt von Cernivci hierher, auf der ich ganz vorn saß, ein idealer Platz, solang sich nicht ein verbitterter angetrunkener Alter neben mich gesetzt hatte mit zwei prallvollen Plastiktüten Obst (obwohl hinter mir jede Menge Platz gewesen wàre), der dann die ganze Zeit drängelte, mit dem Fuß, dem Ellenbogen, irgendwas lallte, wichtigtuerisch von mir verlangte, dem Fahrer mein Ticket zu zeigen (weil er seins zeigen sollte) - es wurde erst wieder schön, als der Suffki aufgab, sich hinter mich setzte (wobei einige seiner Äpfel ins Rollen kamen, Pech). Achteinhalb Stunden für 290 km, ideal? Man wird bescheiden.

Fahrt durch ein leuchtendes Frühlingsland. Der erste Storch gegen 10 bei Kolumya.  Weitere folgen - der Sommer fàllt nicht aus!
Die Äcker werden gereinigt, es raucht, die Feuer kommen manchmal bis an den Straßenrand. Toll würziger Geruch. 
 
Mit einem Pferdefuhrwerk auf's Feld. Stiefel bis an die Knie, Kappe auf, Zügel in der Hand, ein kleines Holzbrett über dem Mist, der gefahren wird. Die Frau weiß er hinter sich, sie schaut rückwärts ins Gelände.  

Auch hier vor jedem größeren Ort ein Kreisverkehr. Die Vorfahrtsregel ist anders, im Kreis muss man warten. Es kommt mir unbeholfen vor, aber ich will mich nicht einmischen. Manchmal stehen geborstene Autoreste auf Rampen hochgehievt wie Denkmäler an den Ausfahrten.

Die Knospen an den Pflanzen sind nur zu ahnen.

Dann etwas Aufregung wegen des möglicherweise fehlgebuchten Zimmers, und die große Freude, eins im 8., obersten Stock zu beziehen mit dem prächtigen Blick.  Was kann schöner sein als eine langsam dunkler werdende Stadt von oben, Musik dazu, etwas Süßes?

Nach zwei Wochen abends die gleichen Straßen hoch, damals verschneit und glatt, jetzt getaut, und Sommer liegt in der Luft. Das kann ja morgen schon wieder rückgedreht sein, aber die Störche sind schon mal da.

Auf dem Friedhof Lemberg: Gräberlandschaft. Verschiedene Zeiten und Völker. Wie deutsche Namen ins Polnische übergehen : "Jozef Andrzej Flechner, 12.3.1850, 7.9.1913 - Emilia Flechnerowa, 1857, 8.1.1921"

Im Park des Museums für Volksarchirektur halten alte Frauen
die nachgebauten Bauernkaten in Ordung in der standesgemäßen Kleidung der Zeit. Aber um 17 Uhr ziehn sie sich Mäntel über und gehn telefonierend zur Straßenbahn.

Lese vom Bildhauer Matvej Genrichovič Manizer, der überall im Land Lenin- und Ševčenko-Statuen schuf -: Ein beruflich glücklicher Mann, denn in der Westukraine wurden die Lenindenkmäler nach 91 durch ähnlich viele Ševčenko-Statuen ersetzt.

In der Strassenbahn vorn, Fahrerblick: auf diesen Gleisen gilt das Eich-Wort von den windschiefen Geraden.

Zweimal Musik: Ein Geigerpärchen im Park, Bach und was Romantisches, was beides mit dem Glanzwetter gut zusammenstimmte, dann eine Bluesband, euphorisch gefeiert, da war es mehr der Schwung. Es tut immer gut, dabei zu sein, wenn Musik gespielt wird.

Im Frühstückssaal eben eine schicke, ketten - und handybehängte Frau, im Tross einer Geschäfts - oder Bandclique, die hier grad einströmt, hat sich ihren Teller voll geholt, nimmt Platz, und eh sie etwas isst, bekreuzigt sie sich schnell zweimal, unauffällig, und küsst ein Medaillon, das sie um den Hals trägt. Wer nicht zufällig genau hinschaut, sieht nichts. 
 

Donnerstag, 25. März 2010

Cernivci 2

Mittwoch mittags in Lviv, ein Kunstcafé, das mir Uwe von Seltmann empfohlen hat, smoother Pianojazz am Ende einer Gasse, Waldtee mit Honig, draußen im Schatten, denn schon ist es wieder möglich und zum Schreiben praktischer als in der Sonne, einen vollen Tag ist sie bereits da. Hat den Eintageherbst in Cernivci gut überstanden. Lemberg doch näher an unserm Leben, denke ich, was Andreas vor anderthalb Jahren in Lublin fand: so westlich alles, das gilt hier auch. Für Cernivci aber schon nicht mehr so. Und wie würd ich's finden, wenn ich gerade aus Dniepropetrovsk wiederkäme? Dann wäre Odessa wahrscheinlich noch fast wie zuhaus. Auch ein Effekt des Reisens: Man bringt sein Heimatgefühl dorthin mit, wo man sich einigermaßen vertraut fühlt. Das wiederfindet, wovon man eigentlich wegfahren wollte.
Odessa ist jedenfalls von hier aus im Nachtzug/Viererabteil für 20€ zu erreichen, der freundliche Herr vom Touristenbüro würde es buchen, ich müsste also nicht mal mit Schalterdragonerinnen streiten, das ist schon mal ein Plan.
Alte Frauen auf dem Markt bieten Kätzchensträusse an, es muss mit Ostern zusammenhängen. Der Smooth-Jazz dreht jetzt etwas manisch ab.
Ein kleines Gespräch am Tag, das sollte reichen. Ein kleiner Strauss Kätzchen.

Blick auf Cernivci von hier aus: In diesem sympatischen Restaurant werden Wodkas in 30-Gramm-Größen angeboten, im 'Bukowina', als ich einen Kleinen, maleiko, bestellte, musste ich dem Nachtkellner noch mal extra 'fifty!' einschärfen, er hätte sonst automatisch 100 Gramm eingegossen. Und grinste. Kannte er natürlich, diese Westeuropaer-Vorsicht.
Das ist Cernovski, die russische Stadt.

Auch die Deutschen mussten Tschernowitz 1939 Hals über Kopf verlassen, 50 kg Gepäck pro Person, das war Teil des Hitler-Stalin-Pakts. Hatten sie sich für die Faschisten schon dadurch entwertet, dass sie in einer so judenreichen Stadt lebten? Wieviele Freundschaften, Mischehen gab es eigentlich, gemeinsame Schulen?

Im Kunstmuseum sind Bilder von Augusta Kochanovska vom Ende 19. Jahrhunderts zu sehen, vom Leben der Huzulen, sie schrieb außerdem Aufsätze zu dem Thema in deutsch, z.B. über einen Viehmarkt in Wiżnitz (Werchowyna?) , Zeitschrift für österreichische Volkskunde, 1902. Malte auch städtische Salonbilder, auf denen man sieht, wie schon damals hier die selbstbewussten Mädchen in hochhackigen Stiefeln herumliefen. In einem Gespräch zwischen Uwe v. Seltmann und dem uralten Tschernowitzer Literaten Josef Burg behauptet der, in seiner Jugend hätten die Huzulen jiddisch gesprochen. Auch Herbert Ulrich hat von den Wechselbegegnungen zwischen Huzulen und Chassidim erzählt. Was ging vor, was ist noch da? Und was geht durch Gewalt, Umsiedlung, Vernichtung vollkommen verloren?

Die kleine Literatengruppe von 1934, Rose Ausländer, Helios Hecht, Itzik Manger, Somhe Schwartz, alle Anfang Zwanzig, sieht auf einem Foto im Museum nicht viel anders aus als eine von Caféhausgängern jetzt. Auch in Paris und New York laufen Eingeweihte rum und suchen Spuren eines kaum noch spürbaren legendären Geisteslebens (gerade in einem Interview mit Patti Smith gelesen, die ungefähr sagte: In dem Kellerclub, in dem Dylan Thomas ein Gedicht skizziert hat, ist jetzt das Klo eines Starbucks, und wir haben hier nicht soviel Geschichte, dass wir sie leichtfertig vernichten könnten).
In Tschernowitz war soviel davon, dass sich wohl nie einer gescheut hat. Mit Kultur aasen: die Rache der Unvermittelten ist es immer gewesen, dann leeren Tisch zu machen. Diese idiotische Illusion, dass das ginge. Aber auch unvermittelt wird man erst gemacht, nämlich für kulturlos erklärt, nicht einbezogen, außen vor gelassen. Je länger ich durch die Fabelarchitektur gewandert bin, gestaunt habe, taumelnd (manchmal vor Lachen), desto weniger Sympathie, ich geb's zu, blieb mir für die Rekonstrukteure des Vorher, die in gut präparierten Grüppchen die Stadt durchkämmen, auf Gestern aus sind und nichts als das. Die orthodoxen Kirchen, so voll, so benutzt, sind ein Teil von Cernivci wie die Pracht, ihr Verfall, das Verkehrschaos und das schlecht geklotzte, armselig wirkende Sozialbaubemühen der Sowietarchitekten auch. Ich war jetzt dort, wo das alles seinen Platz hat. Leben. Life only.

Abend. Gleicher Ort wie vormittags, nur dass der Klavierjazz jetzt live ist und drinnen, und in einer Nische sechs junge Männer regelmäßig laut loslachen. Ich denke an die kleine Bar auf der ehemaligen Herrengasse in Cernivci, wo Larrissa arbeitet ("Larjissa"), die dort Sport und Geschichte studiert, lieber in Kiev wäre, noch lieber in Edinburgh, wo sie nach dem Abi mal zu einem Austausch war. Kommt aus dem Grenzgebiet zu Moldavien. Geschichte sind Fakten, Zahlen für sie. Gefühle, Tradition? Ich solle mal nach Moldavien fahren, that's a strange feeling there, sie ist froh, dass die Ukraine diesen Punkt überwunden hat, das Zaudern vor der Verwestlichung.
Hat sie? Was ist das eigentlich für ein Land, ich habe keine Ahnung. Jedesmal, wenn sich neben mir in einem Bus die Leute bekreuzigen, weil eine Kirche passiert wird oder nur ein Heiligenbild, und egal, ob jung, alt, schick oder ungepflegt: alle bekreuzigen sich - bin ich irgendwie gerührt, und mokiere mich irgendwie drüber. Über - und unterlegen. Wie vor 30 Jahren in Griechenland, wo die gleichen alten Kopftuchfrauen mit Zweigen die Strasse gefegt haben.
Keine Schlussfolgerung. For safety, sagt die Studentin, kein Wunder bei den Straßen.

Dienstag, 23. März 2010

Cernivci 1

Dritter Tag in Cernivci. Ein Herbsttag, gestern war Frühsommer, vorgestern Vorfrühling. Jedesmal eine andere Stadt.
Im Vorfrühling hielt der Landbus noch am anderen Ufer des Pruth direkt am Riesenmarkt, also völlig entgegengesetzt zum Busbahnhof, und weil ich keine Ahnung hatte, ging ich der Straße nach wie im Reiseführer beschrieben. Über den grauen Fluss, durch schmuddelige Vororte, in denen langsam alte brüchige Hochhäuser wuchsen, dazwischen Holzhäuschen im Bauernstil, einmal ein richtiges Hexenhaus aus Blech, vor dem eine sehr zerzauste rauchende Hexe einen Schwall Eimerwasser ausgoss. Die alte Stadt sah man immer mal oben am Berg, und irgendwann auf einer Brücke sah ich auch den Bahnhof, da wusste ich, dass ich völlig woanders war als angenommen, im Norden nämlich - ausgeschlossen, von hier aus zum Hotel zu laufen.

Selten unfreundlichere, inflexiblere Schalterkräfte erlebt als die zwei Damen, die mir nach zähen Verhandlungen einreden wollten, zwischen Czernowitz und Lviv, an einer Hauptstrecke also, würden an einem normalen Wochentag nur zwei Züge verkehren, und zwar einer um 4 Uhr morgens und einer 23 Uhr 19. Und die würden jeweils 8 Stunden 30 brauchen für 290 km. Wahrscheinlich hatten sie sogar Recht, und der prächtige Bahnhof von 1900 ist nur eine Utopie ins Vergangene, was Weltanbindung, schnellen Transport und vielsprachigen Umgang miteinander angeht.
Wie selbstverständlich freundlich dagegen die Atmo im Hotel Bukovina, in das ich mit dem O-Bus fuhr, zum ersten Mal ein städtisches Verkehrsmittel, 7 Cent Kosten, zum ersten Mal der hiesige Dialekt, der die mittleren Vokale dehnt wie ein Triller einen Ton: Ghotel Bukowjienna, ya Larrjissa. Sozialistischer Langbau mit klapprigen Fahrstühlen, schwankendem w-lan, plüschigem Restaurant, aber einer freundlichen Bar und fittem Rezeptionspersonal, das die Wünsche polternder ostukrainischer Handballmanager genauso gut befriedigen kann wie die verstrubbelter deutscher Stadterkunder oder mit Handspiegel bewaffneter dauertelefonierender Assistentinnen.

Czernovitz, mehrere Städte in einer, am blauen Rathaus steht in neuer Schrift das alte Habsburg-Motto 'viribus unitis', gemeint ist jetzt wohl die vereinte Kraft aus Industrie, Handelszentrum, Unistadt und Traditionshort. Hier gibt es immerhin noch oder wieder eine jüdische Schule, ein Institut bukowinischer Schriften und Biografien, Stiftungen, die mit dem Kulturerbe umgehen, Forschungsaufträge, die die Stadt der Zukunft zuwenden. Architektur und Namen, damit kommt und erschlägt einen die Stadt, wenn man nicht aufpasst.

Erster Spaziergang nach Dusche und obligatem Telefonieren aus der Halle, ein kleiner Platz Richtung Innenstadt, gerade mal die Jacke ausgezogen, Blick auf ein unauffäliges Denkmal: Es gilt Paul Celan. Er hat viel besser, auch höher im Ort gewohnt als Rose Ausländer, als sie Kinder waren, stelle ich später fest.
Czernovitz ist auf (7?) Hügeln gebaut. Auf einem Bild im jüdischen Museum wird die Analogie zu Jerusalem gezogen, aber wo nicht? Selbst in Mannheim.
"Cernovitz, auf halbem Weg zwischen Kiev und Bukarest, Krakau und Odessa, war die heimliche Hauptstadt Europas. Wo die Bürgersteige mit Rosensträussen gefegt wurden und es mehr Buchhandlungen gab als Bäckereien." So steht es auf einer Tafel am Kunstmuseum ohne Zitatangabe.
Als Hauptstadt der Bukowina war dies die habsburgische Stadt, in der Juden alle Rechte hatten, die andere Bewohner auch genossen - so habe ich es verstanden. Wie im Selbstlauf entwickelte sich ein hochtouriges kulturelles Leben, hier gab es eine Weile die meisten Zeitungen überhaupt an einem Ort (über 100?), Verlage, Dichterkreise, Theater, ab 1875 eine Uni. 60% der Bevölkerung waren jüdisch. Aber es muss auch die andere Bevölkerung gegeben haben, die vom Land kam, es gab von hier ausgehend immerhin auch die Chassidim-Bewegung der Juden, die die städtische Assimilation an das europäische Leben samt Verweltlichung ablehnte. Ein Haupt-Chassidim-Guru Israel Friedmann, dem man Charisma, Lebensweisheiten und Wunderheilungen nachsagt, führte auf einen Hügel neben der Stadt in Saradoga vor 200 Jahren ein Leben in Saus und Braus, während seine Anhänger darbten. Ist er ein Urahn des Namensvetters? Gab es in seinem Hofstaat auch einen Wadenbeißer, der Broder hiess?
Die kleinen ländlichen Häuschen blieben jedenfalls mitten in der Stadt Jahrhunderte stehen, sie sind die Stadt zusammen mit den k.u.k.-Prachtbauten, man findet immer noch ganz viele davon, ebenerdig oder einstöckig, klein, windschief, bescheiden, neben der prächtigen Hauptpost, den prallen Kirchen, Hotel Bristol, jüdischem Haus, deutschem Haus - das relativiert die Rede von der heimlichen Hauptstadt ein bisschen, finde ich, der Wille zum Klotzigen war hier wohl immer gebrochen, die Neigung zum Ländlichen nicht loszukriegen (vielleicht auch zum Sterngucken), und vielleicht ist es kein Zufall, dass sich in dieser Stadt eher Lyriker entwickelten als Systemtheoretiker, Staatsführer oder Konzerngründer.
Auf einem Kongress 1908 sollte die jiddische Sprache hier als Verkehrssprache der Juden eingeführt und international anerkannt werden. Professor Natan Birnbaum hielt eine Eröffnungsrede, die er sich erst ins Jiddische hatte übersetzen lassen müssen, weil er es gar nicht sprach. Trotz mehrheitlicher Zustimmung tat sich nachher nichts Internationales für das Jiddische.
Cernivci ist das Gegenteil eines Museums. Die paar Museen wirken eher wie Nischen, in denen ein bisschen Ordnung gemacht wurde. Vom O-Bus aus sah ich den Hügel hoch vom Rathaus weg im Vorbeifahren eine Flanierstraße, die Sorte Straße, auf die man sich sofort freut. 'Herrengasse' hiess sie früher, hier spielt auch heute das abendliche Leben, sehr russisch für den Laien - Tanz, Suff, Flirt, Musik, aber nicht wie in Lviv noch unter dem Schirm internationaler Zeichen und Ketten. Dafür stehen fette Karossen am Strassenrand, sogar die hässlichen Hummer sind dabei, manchmal sieht man ihre Besitzer (oder deren Chauffeure?) mit Pinselchen sorgenvoll Lackschäden ausbessern. Die Polizei macht in alten Ladas Kontrollen und winkt immer die genauso Bescheidenen raus, als wenn sie sich anders nicht trauen. Mich hat ein wildgewordener Offroader vorm Hotel jedenfalls fast erwischt (Racheversuch über Länder weg).

Im jüdischen Museum ein Brief eines Rabbis aus Wishnitz von 1908 an eine hohe Behörde in Wien mit der Bitte um Unterstützung von Hassidim in Palästina. Was ich gar nicht wusste: Während der rumänischen Zeit der Stadt gab es starke jüdische Jugendgruppen, die die Auswanderung propagierten. Der europäisch orientierte Teil der Mittelschicht hielt dagegen. In Rumänien war das Klima gegen die Juden schon härter, aber alle Zeitungen erschienen noch. Das Schiller-Denkmal vor dem Theater wich einem für Mihai Eminescu, der auch hier geboren ist, jetzt steht da eins für die Dichterin Ol'ha Kobyljans'ka.

Jetzt ist der Theaterplatz einer der Treffpunkte. Ein playbackbewerter Gitarrist bluest vor sich hin, zwei schwer Angetrunkene rufen was zu den wartenden Polizisten, die nach nicht gut Kirschen essen mit aussehen, beim dritten Mal greifen sie zu, und der festgehaltene Trinker beschimpft sie, ich verstehe Russki und Sowietski, Vasallen des Gestern also. Auf die kleine wartende Menge wirkt das nur müde. Die meisten greifen gleich wieder zum Telefon.
Man kann in größter Enge stehn oder Kälte oder es ist tierisch laut: telefoniert wird immer. 30 Hryvnien, sagt Anna, zahlt man im Monat und hat das Inland frei. 2,90 €. Was für Gewinnspannen bei uns. Man erkundigt sich nach einer Ware, telefoniert dabei und klaubt noch geschickt das Wechselgeld vor. Der Mann, den ich auf dem riesigen jüdischen Friedhof nach etwas fragte,war nicht etwa, wie ich befürchtet hatte, verärgert wegen Missachtung der Totenruhe, sondern genervt, weil er telefonierte. Aber nur ein bisschen - eine Kleinigkeit, so eine Auskunft und so ein Gespräch zusammen zu erledigen...

Ein ziemlich unscharfes Foto von 1941 im jüdischen Museum zeigt eine große Zahl Menschen an einem Ufer. Crossing The River Dnister to Transnistrien steht darunter. Es wirkt wie ein großer Ausflug, die Menschen sehen gesund aus, ein bisschen besorgt manche, andere abweisend, manche baden, andere beten.

Sonntag, 21. März 2010

Splitter Kolumya

Als ich in Kolumya, das die Busfahrer Kolomäh aussprechen, ankomme, baut sich der Chauffeur vor mir auf. "Pan", sagt er, ich find es immer noch merkwürdig, so genannt zu werden, "Ghotel". Er zeigt auf ein unverputztes Betonhochhaus direkt am Straßenrand, Stefan Pankiv hatte ihn wohl gebeten, mich darauf hinzuweisen. Ich gehe rein, eine leere Halle, die Rezeption abgeräumt, dahinter ein Saal voll hochgestellter Stühle. Irgendwelche Schilder, die ich nicht lesen kann. Ich gehe raus, links angrenzend eine Bar, wo ich frage: "Ja, Hotel", nicken zwei junge Frauen und zeigen, woher ich komme, ich geh wieder zurück. Rufe, probiere den Fahrstuhl, manchmal sind die Rezeptionen ja im 1. Stock. Dieses Hotel steht aber ganz offensichtlich leer. Aufgegeben.
Ich gehe in die Bar zurück , bestelle Kaffee. Ein Mann im schwarzen Anzug steht jetzt auch dabei, er und die jungen Frauen sagen fassungslos (sinngemäß): Ja, das Hotel, gestern war's doch noch da - da hat bisher wohl keiner was gemerkt. Aber getaugt hätte es eh nichts, sagt die eine Frau, die gut deutsch spricht, und ob ich nicht was essen will. Ob ich Wladimir Klitschko kenne, sie zeigt mir Bilder von ihm an der Wand. Ist der von hier, frage ich, das nicht, sagt sie. Ihr Mann habe auch mal geboxt. Das beste Hotel am Ort sei das Wyschnody, ob sie mir ein Taxi rufen solle. Was weniger weit ist als 2 km, laufe ich, sage ich, und sie wünscht mir einen guten Weg.
Draußen ist der Frühling ausgebrochen. Als ich vom Klo komme, ist die Deutschsprechende weg, und eine neue Frau kichert mit der anderen: Wladimir Klitschko, ha ha ha...

Kolumya oder Kolimea oder Kolomäh - ukrainisch, russisch, polnisch, eine Bauernstadt mit zwei guten Museen, ein paar Behörden, großem Markt. Aus Ruhebedürfnis miete ich das Zimmer für zwei Tage. Hier ist Armut, zum ersten Mal auffällig Bettler, jammernde Frauen, eine zeigt ihr aufgeschwollenes Bein, Zigeuner, blinde Losverkäufer. Besoffene schon am frühen Abend, diesem Klischee eines ehemaligen Ostblocklands bin ich so lange nicht begegnet. Abends weg von der Flaniermeile gibt es kaum Strassenbeleuchtung, Kirchgänger kommen mit Taschenlampen, man springt über Steine und Dreck.
Auch auf dem täglichen Markt Fäulnis (um mal zu predigen), manches sieht lässiger aus als es ist, meinem 'guten' Hotel angeschlossen eine Gaststube, wo ich am zweiten Abend schlecht esse unter lautem Technogedröhn, da ist das Gefühl des Aufgegebenen greifbar, irgendwann schlägt das zurück, denke ich. Mache mir beim Warten Notizen. Aber es wurde dann trotzdem (oder gerade deswegen) noch ziemlich lustig: Unabsichtlich schloss ich nämlich nach dem Essen zwei ältere Herren im Flur ein, der eine war richtig böse auf mich, während eine andere Gesellschaft jüngerer Leute das sehr komisch fand und mich wie einen Helden behandelte. Die Kellnerin, eine schmale Riesin in Socken, brachte mir Wodka, den wir dann zusammen tranken.
Aus den Notizen beim Warten im Bumms-Lokal:
"Das Schlimmste ist, nicht mehr rauszukommen aus den Missverständnissen. Die eigentlich gar keine sind: Ich werde hier akzeptiert, weil ich Geld ausgebe. Idealismus, Romantik, von etwas anderem auszugehen.
Aber die Romantik ist ja trotzdem da. Weil wir uns nicht übers Einnehmen & Ausgeben definieren möchten, alle nicht. Wir stehen Schlange nach anderem Sinn. Nur wenn du nichts mehr zu bieten hast außer deiner Sinnsuche, steckst du fest. Sie fordern Lösegeld,wenn das nicht mehr kommt, bist du drin. Wie man hopps geht, ohne dass irgendwer nach irgendwelchen Verdiensten gefragt hätte, das haben wirklich bedeutende Reisende erlebt und erleben es gerade. Da zählst du gar nichts."

Dann wieder der ununterbrochene Strom von Mädchen auf der Hauptstraße, auf die ich schaue, oder im Internetcafé, das hier übrigens mit schülerfreundlichen Preisen wie eine Bäckerei tolerant geführt wird - die Mädchen in der Gegend sind fast alle strahlend, lieblich, langbeinig, bunt gekleidet mit viel Aufgesticktem, Selbstgenähtem, oft glitzernden Kappen, halb noch Tracht, halb selbstgemachte Mode und fast alle hochhackig, das scheint die Norm zu sein. Tragen meist schwarze, mit Mustern bestickte Netzstrümpfe und drüber gewaltige Stiefel mit schmalen sehr hohen Absätzen. Schon mal Sport, in dem unebenen Dreck damit voranzukommen. Ehe sie ein Lokal betreten oder auch nur die Hauptstraße, habe ich beobachtet, machen einige sich am Brunnen oder mit Feuchttüchern die Schuhe schnell sauber. Sie sind laut, selbstbewusst, schauen gern jemand in die Augen, es ist keine Coolness, sondern Lebenslust, was sie ausstrahlen.
Ich muss es leider schreiben, die Jungs fallen weit dahinter zurück, wirken kindisch, noch lauter, aber krampfig, als wenn man sie drangsaliert hätte und sie bestehen jetzt darauf, auch ein verdammtes Recht zu haben.
Es muss sich irgendwann ändern, schon die Männer ab Anfang Zwanzig wirken solide, zuvorkommend, manche humorvoll. Und sicher sind es Zufallsbeobachtungen voller Klischees.
Deshalb hier zum Schluss zwei Beobachtungen vom ersten Abend auf dem Balkon meines Zimmers, direkt überm Platz, wo sich bis Mitternacht alles trifft:
Irgendwas ist im Gang, junge Typen, es sieht aus wie Rangeln, schubbsen sich über den Platz, der Pathetische wird zurückgedrängt, kommt wieder vor, plötzlich ein anderer aus anderer Richtung, sehr entschlossen, schiebt sich durch zu dem Pathetischen, packt ihn, schleudert ihn, der rennt auf einmal los, viele hinterher, sogar ein Polizistenpärchen. Aufgeregtes Geschrei dann von weiter weg.
Zwei Mädchen: Wie sie losgehen, eingehakt stehenbleiben, weil sie sich das unbedingt noch erzählen wollen, dann in doppeltem Tempo wieder los, pretty flamingos...

Freitag, 19. März 2010

Ins Gebirge

Der Gutwetterstrahl hat die Nacht nicht überstanden, wieder grieselt es und schneit. Erstaunlich geordnete Einrichtung der Reisegesellschaft im Bus, bis kurz vor Abfahrt zehn markige Pelzmützenmänner hereinstürmen, uns Eingestiegene von den Plätzen stöbern, indem sie vorgeben, Platzkarten zu besitzen. Da kann ich aber ganz stur werden: wüsst ich nicht, hier mein Ticket, versteh kein Wort, hab gutes Geld für den Fetzen bezahlt. In dieser Pose hilft mir mein Fremden-Status schon zum zweiten Mal, das geht alles wortlos, sie lassen mich in Ruhe. Am Fenster. Es geht hangaufwärts durch Villengärten. Plötzlich fühl ich mich wie in Soughia, wenn ich alle zwei Wochen mal nach Chania gefahren war, in die Großstadt, es war manchmal genau so kalt. Vor 31 Jahren. Nur dass diesmal das Unbekannte erst kommt, versuche seinen Charakter an Zeichen abzulesen, das gelingt natürlich nicht. Die Pelzkappenmänner steigen schon wieder aus, soviel Unruhe für so wenig Fahrt. Sie haben ihre Skier in Plastikschürzen verpackt dabei, hinten eingelagert, wo auch mein Koffer verstaut ist. Jetzt wird meine Sorge, der könnte nach draußen geraten, Absicht oder nicht, dann war's das eben. Verbiete mir, mich für das Liebste in diesem Koffer entscheiden zu müssen, das mir verloren gehen könnte. Zwinge den Blick raus durch die verwaschene Scheibe. Ein wunderschönes Synthipoplied aus der Fahrerbox tut mir gut. Draußen alte Sowiet-Freizeitheime namens Kollege oder Patriot. Im Bus möglichst nicht gradeaus zum Fahrer gucken, es rast immer gerade jemand auf uns zu oder eine vereiste Kurve kommt, und alle Instinkte schreien vergeblich nach Abbremsen. Könnte ich sonst so gottergeben sein wie gegenüber diesem völlig zufälligen Busfahrer, ich wäre glücklicher. Kann man glücklicher sein?

Die Orte sind jetzt ärmlicher, die Schneepiste lädt den Fahrer, der hier wohl zuhaus ist, zu Schlidderspielen ein, die sich nur noch als Überholmanöver tarnen.
Ein paar Holzhäuser, paar ärmliche Stände mit Fischen und Nüssen, weiter weg eine prächtige russische Kirche aus Holz, Busbahnhof Werchowyna. Wieder als letzter rausgestolpert, kommt eine große Frau im Mantel, etwas jünger als ich, auf mich zu, "ich bin Anna", wir verstehn uns erstmal gleich. Auf durchlöcherter halbgefrorener Hauptstraße durch den Ort, Autos rasen die Fußgänger an die Ränder. Wie das heißt, fragt Anna und zeigt nach unten, Matsch sage ich, sie lacht. Sie nutzt mich aus zum Deutschauffrischen, ich versuchs umgekehrt auch und lerne priapo = geradeaus.
15 Minuten lang, dann sind wir da, Haus und Gästehaus, aus Holz und wohnlich, erst wirkt es warm,aber die Kälte zieht immer wieder ein. Noch vor kurzem waren hier -30 Grad, "Leben hier ist immer harte Arbeit", meint Anna, schon das ewige Holzschlagen zum Heizen der Öfen, sie wundert sich, warum ich gerade jetzt gekommen bin. Ich wundere mich auch. Aber der Blick aus dem Fenster auf die Kuppen ist märchenhaft, das Essen lecker. Maiseierbrei mit huzulischem Brot.

Dann gehen wir Roman Kumlik besuchen, den preisgekrönten Musiker, der 30 Instrumente spielt, huzulische Musiken tradiert, Volkskunst sammelt in seinem Privatmuseum, zwei Räumen im ersten Stock seines Hauses. Der ältere Herr erwartet uns in Schale, gestickter Festjacke über der Lederweste, und präsentiert mit kurzen Melodiebögen die Instrumente, Geigen aus einem Ast gehöhlt, Signalhörner, die über Berge weg von Tod und Hochzeit benachrichtigen, eine Cimbal, wie ein Hackbrett geschlagen, aber (huzulisch) ohne Metall an den Klöppeln, mit wunderbar weichem in die Tiefe reichendem Klang, eine Lyra, zu deren Borduntönen er mit den Tasten Melodien improvisiert und dann erst tief, dann hoch eine Ballade singt. Flöten jeder Art, auch solche, die mehrere Töne gleichzeitig spielen, wenn man es kann, eine sogar in Sechsten und Terzen gestimmt, und eine, die eigentlich ein Knüppel ist und nur vor der Polizei als Musikinstrument getarnt wird. Der Meister zeigt auch Hochzeitskleider, Stickereien, Gebirgsschuhe, er geht geschäftig durch seine Sammlung, ein bisschen ist es wie bei dem alten Partisan in Norditalien letztes Jahr, er hat diese Runde mit Besuchern oft gedreht, kennt die Wirkung. Er bricht die Klangbeispiele immer geradezu zackig ab. Bis er am Ende auf einem Ziegendarm zweistimmig bläst, das ist ein so greller, gleichzeitig weicher Klang, dem hört er nach und lässt leise mit dem Spielen die Luft raus. Jahrhunderte alt, gerade geschehn.

Einkaufen mit Anna, es wird alles zu teuer im Verhältnis zu Löhnen und Renten. Die Leute lassen die Autos stehn und fahren Bus (ein Liter Benzin kostet umgerechnet 74 Cent). Wer öffentliche Aufträge kriegt, wirtschaftet in die eigene Tasche (Straßenbau), nan hat jetzt Janukowitsch gewählt, der in der Westukraine eigentlich unbeliebt ist, "aber er schafft Ordnung".
In der Westukraine hat man alle Lenindenkmäler abgehauen nach 91, in der Ostukraine stehen sie noch. Dazu passt, was Josef in Lublin erzählte: Unter den russlandergebenen Oligarchen im Osten des Landes stehn die Löhne mittlerweile 2,5 mal so hoch wie im 'orangenen' Westen, der die Korruption der angeblichen Revolutionäre voll zu spüren gekriegt hat.

Auf meine Frage, was das kleine Haus da am Wegrand beherbergt, kurzer Besuch in der Kinderbücherei. Zwei strahlende Bibliothekarinnen zeigen, was die Kinder alles gemalt und gestickt haben zum Geburtstag des Dichters Jewtschenko und an Lieblingssätzen herausgeschrieben, Anna bedauert, dass es keine Computer hier gibt, ich erzähle, dass meine Eltern Bibliothekare waren, und so strahlen wir uns an. Abends ein wunderbares Essen mit Teigrollen und Borschtsch, Andrej, der Sohn, geht mir aus dem Weg, wie es Max tun würde, Anna erzählt von den Selbstversorgern im Berg, dreimal im Jahr kaufen sie Mehl und Reis und Öl, sonst pflanzen und backen sie selbst, auch hier im kleinen Garten wird einiges angebaut, Beeren gesammelt für Tee, man kommt nur so über die Runden.

Die Kindertanzgruppe, die Anna leitet, reist in Europa herum, es ist für die Kinder ein Projekt ihres Erwachsenwerdens, zwischen Zehn und Zwanzig besuchen sie die Gruppe, erst mit dem Berufsleben scheiden sie aus. Für Anna ist es die dritte Gruppe in 30 Jahren. Und genau so existentiell ist die Pflege der huzulischen Sitten - Tradition im Sinn des Über-die-Runden-Kommens, aber auch Tor zur Welt, denn mit diesen Musiken, Tänzen, in den Trachten und den hier noch nicht ausgestorbenen Bräuchen kommt man weg, raus, in der Gruppe rund um die Welt, wird eingeladen, findet Projekte. Freunde woanders. Es ist auch ein bisschen wie Sport, es muss Gründe geben,warum solche Sitten erhalten werden, es passiert nicht aus Naturliebe oder Idealismus. Was meine Mutter traurig gemacht hat: dass die Nachfahren die schlesischen Bräuche nicht pflegten, die jungen Bayern im Urlaubsdorf nur unter Zwang oder für Geld in die Trachten zu kriegen waren - hier ist es naheliegend, gewinnbringend und deshalb auch modern. Sicher spielt auch die endlose Kette der Unterdrückung inkl. sowietischer Verpönung der religiösen Aspekte der Riten hier eine Rolle, die erst jetzt, seit knapp 20 Jahren, einen lauten Stolz auf die Wurzeln erlauben.

Stefan, der Ehemann, kommt nach dem Essen. Nach seiner Arbeit in der Musikschule trinkt er gern mit den Kollegen einen Schnaps. Ein bisschen reserviert ist er erst, bin ich auch. Bald radebrechen wir, ohne eigentlich was zu verstehen, dem Gefühl nach, wir bilden uns ein, etwas gehört zu haben, auf das wir antworten könnten. Anna lacht, sie findet es 'Katastroph', wir wir aneinander vorbei reden. Wodka hilft. Stefan spielt mir am Computer seine Kompositionen vor, die er mit Andrejs Hilfe aufnahm: Variationen von Volkstanzthemen, Eigenes für Akkordeon, Bandoneon, Klavier, manches auch Skizzen für Orchester und Chorstücke. Stefan spielt großartig Knopfakkordeon, ein russisches mit rasselnden Bässen gefällt mir besonders. Mit Roman Kumlik und Kollegen hat er ein Tanzorchester, das in Europa und Russland herumreist, für die Musikschule entwirft er Projekte, komponiert und arrangiert. "Rabot rabot rabot" sei sein Leben.
Die Bezahlung an der Schule ist auch für ukrainische Verhältnisse erbärmlich, das Touren in den 'Schengen-Raum', also auch schon nach Polen oder in das 40 km entfernte Rumänien für Ukrainer ganz mühsam geworden. Um die Visen für ihre Tanzgruppe zu einem Festival in Deutschland im Mai zu bekommen, muss Anna dreimal nach Kiev fahren und wird dort auf der deutschen Botschaft trotz vorliegender offizieller Einladungen alles andere als freundlich behandelt. Man muss sich übrigens nur mal die ins Netz gestellten Verlautbarungen des Auswärtigen Amts zur Ukraine, zu Weißrussland oder Moldavien durchlesen, um den Herrenreiterton rauszuhören, mit dem dort auf die da unten, draußen oder sonstwo herabgeschaut wird. Mit verheerenden Resultaten für den Kulturaustausch unterhalb hochdotierter Institute, also überall dort, wo begeisterte Menschen miteinander zu tun bekommen könnten (und nicht 'Stipendiaten'). Ich vermute auch in dieser ganz praktischen Arroganz des reichen Nachbarn die Handschrift von J. Fischer, der Goetheinstitute schleifen ließ, und wahrscheinlich nur, um der Altherrenriege im AA zu gefallen. Früher ging das ja auch mal ohne Kulturaustauschfirlefanz.
Von Werschowyna nach Kiev fährt man übrigens 14 Stunden, 14 wieder zurück, das dreimal. Wenn ein Beispiel gesucht wird für Enthusiasmus...

Tak tak tak, ist ein Seufzer bei den Pankivs, ja ja ja, ich höre ihn auch sonst, Ergebenheit strahlen die Alten auf dem Basar aus, die ein bisschen Obst verkaufen oder geeisten Fisch, ein Geweih, Nüsse. Zwischen ihnen gehen die Jüngeren herum, manche in Trachtenjacken und mit glitzernden Mützen, elegante langbeinige Frauen, dezent ausspuckende Männer mit Leibriemen um, die sie schlanker und gerader machen. Eigentlich ist die huzulische Art nicht Ergebenheit, die Musik, sagt Anna, ist eigentlich immer schnell, voll Verzierungen, auch die Kleidung bestickt, mit Aufsätzen bunt gemacht, kein Raum für Melancholie im öffentlichen Ausdruck. Auch in den Tänzen nicht, die ich auf Video und später in der Musikschule sehe, die Musik treibt an und die Figuren verzahnen sich fröhlich. Drängend. Die Härte, zu der die Natur zwingt (der Sommer ist extrem kurz), drängt weiter zu Optimismus.

Ich mache lange Spaziergänge. Vor drei Jahren hat es im Frühjahr schlimme Überschwemmungen gegeben, der Ceremos riss den halben Ort unter Wasser. Brücken sind notdürftig geflickt, aber die Straßen blieben, weil eh schon zerlöchert, kaputt. Mit ganz klapprigem Altfuhrpark stochern die Fahrer zwischen Rinnen und Gräben im Schritttempo daher, da kommt ein neuer blitzend getönter Mercedes mit gefühltem Tempo 100, rast durch den Ort, durch alles durch, sagt damit: scheiß auf euch, ich kann's mir leisten.
Nachts wurde es immer wieder minus 15 Grad, wir saßen bei Keksen und Schnaps, rührend legten sie im Gästehaus Holz nach und ließen es mich nichtmal versuchen. Stefan schrieb Stimmen raus für die Probe morgen. Ich dachte: Wie bei Bachs vielleicht, ein Genie weitab der Hauptstadt, das hier sein Handwerk versieht.

Ein Schaben am Fenster: Pferdefuhrwerk liefert Holzlatten an für dem Umbau des Hauses, der im Sommer geplant ist.
Am nächsten Tag eine Tanz-, dann Musikprobe. Es geht Schlag auf Schlag, eine Gruppe folgt der vorigen, Akkordeonquartett, zwei unvorbereitete Jungs, die beschimpft werden, eine kleine Hochbegabte, die immer mich im Blick hat, solange ich im Raum bleibe, dann die große Besetzung, für die gestern noch gearbeitet wurde. Acht Mädchen singen wilde Tonfolgen auf lalala (später wird diskutiert, ob vielleicht eine lyrische Variante möglich wäre), dazu Standbass, Trompete, Geige, Akkordeon. Die Chorleiterin und Stefan geben den Takt an. Die Mädchen, umso älter sie sind, desto vorsichtiger, die Jüngeren gehen voll aus sich raus. Aber keine zeigt, dass sie es albern fände, doof, hier zu stehen und zu singen, die erwachsenen Musikanten sind genauso hingegeben, es geht um die gemeinsame Sache, es sind ihre Lieder, von einem von ihnen zusammengefasst, in zwei Tagen ist Aufführung, stolz, es geht ums Machen.
Nachher mit den Musikern Schnaps, der Bassist erzählt, er war zwei Jahre in Portugal arbeiten. Als Musiker, frage ich. Lachen. Arbeit, sagt er, als Arbeitsschwein.
Viele Pläne am letzten Abend. Zum gemeinsamen Spielen sind wir gar nicht gekommen, denn der Flügel, der übrigens 'Rote Erde' heißt, war immer sofort in Beschlag. "Coda" sagte ich mal bei einer von Stefans Kompositionen, er stutzte und lachte. Als wir dann meine Platte hörten, sagte er beim letzten Stück grinsend, als endlich die Bläser einsetzen: "Coda gutt". Jetzt sagen wir, dass wir mal eine Coda zusammen machen.

Am nächsten Morgen, Anna musste früher los, wird der 44 Jahre alte Wolga angeworfen. Schafft es zum Busbahnhof und bestimmt weiter.

Ivano Frankivs'k - Splitter

Ein Teller im Heimatmuseum, das im Rathaus von IF untergebracht ist, zeigt eine Schar von folkloristisch gekleideten Männern, vom Tirolerbub über den Ungarn mit Schlappschuhen, den slawischen Waidmann bis zum Muselmann, im Halbkreis aufgestellt um das Antlitz des Kaisers, Gott erhalte Franz, das über ihnen schwebt, drunter das Motto: viribus unitis. Kurz vor dem 1. Weltkrieg verfertigt. Ich weiß, glaub ich, was es bedeutet, aber was heißt es genau?

Die Habsburger Zeit, Spuren finden sich überall, sine ira et studio steht z.B. am Gericht, hat dafür gesorgt, dass hier verschiedenste Völkervertreter zusammenlebten, Armenier z.B., Pfälzer Auswanderer wie die mütterlichen Vorfahren von Kristjane, Juden, die hier rechtlich unter den Deutschen standen, während sie weiter östlich in Tschernowitz gleichgestellt waren. Hass und Vorrangkämpfe untereinander haben die Habsburger Beamten und Militärs wohl nicht zu schlichten vermocht, jedenfalls liest sich die Ortsgeschichte wie ein ständiges Brodeln und Explodieren. Das mündete in den Massakern, die Deutsche (SS und Militär) zusammen mit Polen und Ukrainern Ende des 2.Weltkriegs an den Juden begingen, dann Deutsche und Ukrainer an Polen, dann Deutsche an Ukrainern, wobei ihnen erst Sowjetsoldaten dabei halfen, die dann mit den Ukrainern die Deutschen vertrieben und später zum Industrieaufbau Mitglieder asiatischer Sowietrepubliken nachholten. Was die Kriegsmassaker betrifft, sind sie penibel in dem Buch 'Die Schlacht um Stanislau' festgehalten.

IF hieß seit 400 Jahren Stanislav nach dem Sohn eines polnischen Fürsten, der (Sohn) vor Wien beim Sieg über die Türken 'fiel', die Habsburger in ihrer scheintoleranten Art übernahmen den Namen einfach, statt die Stadt jetzt Ferdinand zu nennen. Das taten nach 45 die Ukrainer (mit Zustimmung der Sowjetrussen), indem sie den Dichter Ivan Franko zum Patron machten, einen ukrainischen Bauernjungen und Sozialisten, der zum Nationaldichter wurde und von dem ich im galizischen Sammelband gerade eine sehr sympatische Erinnerung an seine jüdischen Mitschüler gelesen habe.

IF wirkt klein und provinziell. Später bei den Huzulen höre ich von Anna Pankiv, deren Kinder dort arbeiten, IF sei eine richtig große, auch industrielle Stadt. Davon hab ich nichts mitgekriegt, außer dass im ausgedehnten Heimatmuseum auch ein Zimmer der Ölförderung gewidmet ist, aber alles in kyrillisch, also für mich um so unverständlicher, als es sich bei dem Nichtgeschriebenen um technische Zeichnungen gehandelt hat, die ich noch weniger entziffern konnte - außerdem ist dieser Ölabbau Jahrzehnte her.

Es stimmt, ich meide die Vororte, verlasse mich ein bisschen viel auf Tipps von Reiseführern und Bekannten, und da sagt keiner: Schau dir aber unbedingt die Hochhaussiedlung xy an, so roh und wild lebt sich's östlich von Lemberg kaum noch. Das müsste ich schon selber tun. Ich rede mir ein, nur der miserable Nahverkehr hielte mich von solchen Exkursionen ab.

Mein Zimmer im Hotel Auscoprut, einer blau getünchten Jugendstilvilla von 1912, geht mit Balkon zur Straße im ersten Stock, hat einen großen Schreibtisch, ein rundes Teetischchen mit zwei Lehnsesseln und zwei schmalen Betten mit dunkelbeigen Samtüberwürfen, dazwischen eine Kommode. Auch die geschwungenen Vorhänge sind aus Samt, gleiche Farbe, dahinter schließen noch Gardinen den Blick zur Straße ab. Alles vorbereitet für kontemplative Stunden. Ich kann mich in den Gelehrten, Lehrer oder Geschäftsmann von damals gut versetzen, der aus beruflichen Gründen hergekommen ist und jetzt dort täglich raus muss, in Matsch und Dreck und Ungehobeltes weit im Osten, aber jede Stunde genießt, die er abhalten darf in diesem Zimmer, mit der Hoffnung auf jemand, der es irgendwann einmal zu klein sein lassen wird, oder auch ganz in sich gespannt, jedenfalls bei einem Kännchen Tee, das mir die englisch sprechende Dame an der Rezeption vielleicht auch machen würde.

Der Rathausplatz von IF wird beschallt, Werbung und Musik, ob auch politische Parolen und Lebensweisheiten dabei sind? An einer Seite des Platzes parken drei Stretchlimousinen. Als ich ankomme, sind sie ganz verschneit. Wer fährt sie und vor allem wie durch all die Schlaglöcher?

Auf der Suche nach w-lan am ersten Abend lotste mich ein starkes Netz namens Frank, das mein Handy anzeigte, auf die Straßenseite hinter den Mafiaautos, ich entzifferte den Namen des Lokals, Frank, erschrak vor der berlinisch teuren Speisekarte, sah ein Schildchen free hot spot und ging rein. Eine Empfangsdame, rausschmeisserartiger Kartenbringer und ein naseweises Bürschchen, das dann die Bestellung aufnahm. Im Nebenraum eine fröhliche Gesellschaft. Ich bestellte etwas mittleres im Preis und fragte nach Internet. Der Naseweise murmelte was von 'carta', die man dazu brauche, der Rausschmeisser tat, als wüsste er gar nichts. Die Empfangsdame merkte dann, als ich sie auf den hot spot ansprach, dass es mir ernst war und gab mir die Codenummern. Ohne sie wäre ich sofort wieder gegangen, ich war nur in zweiter Linie zum Essen hier. So konnte ich wiedermal ausgiebig telefonieren, auch Tage später noch, denn das Netz ging ja bis auf den Marktplatz, und die Zahlen hatte mein Telefon jetzt gespeichert.

Erst sieht es nach kaum was aus, aber mit bisschen Übung im Blick gibt es überall im Zentrum von IF Kellercafés, Esslokale, Tanzschuppen. Zum Feiern bereit, der Ort. Auch der krasse Gegensatz zwischen Luxuscafés, in denen man von einer Empfangsdame platziert wird und wo der Esspresso zehnmal soviel kostet wie im Keller nebenan - und eben diesem Keller, von dem aus Abordnungen geschickt werden, eine(r) leistet sich im Auftrag der andern ein teures Getränk und lotst Befreundete an den preiswerteren Ort. Und umgekehrt. Und drei Leute halten sich im teuren Café zwei Stunden an einer Cola und einem Laptop fest.

Einem Reiseführertipp folgend langer Abendspaziergang nach Süden. Immer noch Innenstadt. Nach scheußlichen 60er-Jahre-Gebäuden kommen Gründerzeitbauten, aufgeschürft, Friedenau in der Nachkriegszeit, dann Jugendstilvillen, ovale Fronten und Dächer mit Zierrat, der bei uns Kolonnen von Zierratschützern hervorrufen würde und hier an der Luft vergeht, aber im Vergehen zu sehen bleibt. Dann zwei Straßen weiter alte Stadtarbeiterhäuschen, ich schätze 250 Jahre alt, Pferdewagen könnten davor stehn, aber es sind dicke Männer mit Handys, dann wieder Neubauten, noch eine Jugendstilvilla. Es geht im Stadtplan von IF zu wie in den beiden Museen, querbeet, armenische Marien wechseln mit österreichischen und den detailunterschiedenen der byzantinischen Kirchen, nur jüdische Heiligtümer sind nicht mehr da. Das jüdische Viertel ist auch zerstört.
Auf meinem Spaziergang kommt jetzt ein beleuchteter Hauseingang mit der Schrift 'Bristol' auf kyrillisch, ein dicker jüngerer Mann heisst mich willkommen, es ist bis auf ein Pärchen leer, ohne Hinweis wär ich hier nie hingegangen. Ich kriege eine Speisekarte, die ich nicht lesen kann, als ich sie zurückgeben will, ein bisschen genervt, hat der Wirt grinsend schon eine englische hinterm Rücken bereit, ich bestelle Zunge mit Pilzen als Vorgericht, geröstetes Rind mit Blaubeersoße und Bohnen, Obstsalat mit surprise zum Nachtisch und esse hervorragend. Ganz entlegen, Kennern bekannt, natürlich für mich preiswert und natürlich für Normalverdienende hier sehr teuer hält sich ein Esslokal erster Klasse. Zeitlos, ohne Aufheben, ohne Konzessionen.

7 Grad plus, die Innenstadt voll junger Leute, die eine Ahnung geben, wie's hier im Sommer zugeht. Alte Männer an Zäunen, junge Paare bummelnd um den Block. Vielleicht ist Sonntag hier ja der echte Feiertag. Vor der Abfahrt doch noch Lust auf einen Kaffee oder Wodka in einem Kellerladen. Hardrock-Art-Café. Spätnachts die englische Dame des Hotels, die es sich nicht nehmen lässt, an der Rezeption wach zu sein, fragt, wann ich wiederkomme, ich sei ein angenehmer Gast.

Sonntag, 14. März 2010

Nach Süden, in den Schnee...

Wenn man allein reist, finden sich manchmal Orte, an denen man hängt, die werden für kurze Zeit ein kleines Zuhaus. Mit mehreren unterwegs rennt man daran vorbei, zu zweit bezieht man sie immer auf was Gemeinsames. In Athen auf meinen Griechenlandreisen Anfang der 70er war es ein Straßencafé kurz vorm Omoniaplatz, wo ich hinging, in Lviv ist es das Hotel George.
Ehemals Wiener Pracht, dann verfallen, wird es gerade renoviert, aber der Speiseraum ist auf. Ein großer sechseckiger Saal mit einer Oberlicht-Decke, allerdings so verdreckt, dass das Licht nur schimmert. Wahllos im Raum verteilt kleine Tische, an denen ein paar Reisende, mehr Hiesige, Vertreter vielleicht, Geschäftsleute sitzen, telefonieren, verhandeln, sich über die anderen weg begrüßen, sich was zurufen, aufstehen, rauchen. Essen tut hier niemand. An einer Längsseite ist ein Tresen aufgebaut mit einem Samowar, einer Espressomaschine, einem Zapfhahn, einer Kühltruhe für Getränke und einer kleinen Kuchentheke. Dort stehen zwei, drei junge Kellner, meist im Gespräch, manchmal kommen Schulkameraden vorbei, dann wird es lauter. Am Eingang stehen nochmal zwei ältere Herren im Anzug, die einem den Weg in den Saal weisen, den man vor sich sieht, oder den Weg zum Klo eine brüchige Treppe runter. Unten wartet eine missgelaunte Klofrau, die offenbar während der Renovierung nicht saubermacht. Ich war bestimmt 6mal im George, trinke dort Kaffee, Wasser und telefoniere, denn das wlan ist unbeschädigt, offen und stark. Niemanden scherts, was ich mache.
Weil es ununterbrochen geschneit hat, getaut, wieder geschneit, bin ich auf dem Weg zum Busbahnhof nochmal hier rein, ich kam dran vorbei, und ein bisschen graulte ich mich vor der Fahrerei. Als der doppelte Kaffee fast alle war, nochmal mails gecheckt, und ein gerade geschriebener lieber Brief von Raoulina lag vor mir, der mich aufmunterte. Und das konnte ich brauchen.

Mit dem Kleinbus 71 zum südlichen Busbahnhof, ich hatte die Beschreibung und stand mit ca. 30 anderen im Pulk an der Haltestelle. Andauernd kam einer von den Kleinbussen, die man Marschrutki nennt, aus Habsburger Zeiten, alle waren voll. Der vollste war die 71, mit meinem Gepäck völlig sinnlos, da reinzuwollen. Ich wartete einen Durchlauf ab, beim nächsten gab es ein paar Lücken, also wuchtete ich mich und den Rollkoffer entschlossen rein, rief mein Ziel "Streska", was sonst keiner tut, aber um sicherzugehn, dass ich richtig bin, reichte zurechtgelegte 2 Hryfnien nach vorn und kriegte tatsächlich 25 Groschen zurück, wie das wirklich heißt, weiß ich gar nicht, so selten kommen Beträge unter einer Hryfnie (10 Cent) vor. Das erste Mal hatte ich eine ukrainische Münze in der Hand.
Hatte bisher als Hoteltourist gelebt. Wollte das gern auch beibehalten. Man steht auf engstem Raum in den Marschrutkis, quetscht sich irgendwie durch, ruft zum Aussteigen, reicht auch von ganz hinten sein Geld mithilfe der Mitreisenden dem Beifahrer vorn, kriegt auf gleichem Weg Wechselgeld, alles ganz ruhig, viele telefonieren in dem Gedränge, man seufzt manchmal, hilft sich. Das Fahrgeld ist immer gleich, egal, wie lang man fährt. Die Marschrutkis sind privat, Verkehrskontrollen scheint es nicht zu geben, ich habe kaum welche in Lviv gesehen, die nicht übervoll waren. Auch Straßenbahnen und O-Busse, die noch billiger sein sollen und städtisch geführt sind, waren kaum mal leer. Ich hätte keine Lust, einfach so mit ihnen zu fahren, wie in Warschau z.B.

Als ich an der Endstation ratlos auf einen großen Platz schaute, alle waren schon ausgestiegen, Fahrer und Beifahrer nach dem Busbahnhof "voksal" fragte, machten beide mit tiefen Stimmen "da" und zeigten auf ein stadionartiges Gebäude. Russland-Gefühl.
Der Bus nach Ivano Frankivs'k (ab jetzt hier abgekürzt IF) war dann nicht viel größer. Und noch voller. Neben mir saß (ja, ich war früh und hatte tatsächlich einen Sitzplatz ergattert) ein heftig angetrunkener, sehr fröhlicher langer Mann aus IF, der aber in Spanien arbeitet und gerade mal hergeflogen war, um seine Frau zu besuchen. Soweit es ging sprachlich, und wenn er nicht einschlief, unterhielten wir uns und hatten Spaß. Besonders eine schicke Dame, die keinen Sitzplatz bekam und von meinem Koffer genervt war, der im Gang stehen musste, nahm er sich immer wieder vor. Aber irgendwann schliefen wir alle.
Ich erschrak, als ich aufwachend einen Wegweiser sah: IF 68 km, da waren wir schon anderthalb Stunden gefahren. Geschlingert. Selbst die Hauptstraße, die über IF und Cernivci von Lviv bis Odessa führt, ist voller Löcher, Krater eigentlich, sodass sich beide Fahrseiten dauernd Ausweichmanöver liefern müssen, man immerzu abbiegt und umlenkt, wo es doch eigentlich geradeaus geht. Dazu hält das Marschrutki, wenn jemand winkt oder drin den 'Schoffer' zu halten bittet. Der 'Schoffer' war lässig, großzügig zu Alten und Kindern, riskant beim Überholen, legte Rauchpausen ein und nahm jede Hryfnie mit, d.h. lud sooft an Haltestellen Leute zum Mitfahren ein, bis im Bus dagegen protestiert wurde - man könne jetzt wirklich kaum noch stehen. Nach knapp 4 Stunden waren wir da, für ca. 130 km keine gute Zeit.
"Wir haben Straßen gefordert, wo bleiben sie?", hat Ende letzten Jahres der Fifa-Vorstand der ukrainischen Regierung vorgehalten, denn 2012 soll ja hier die EM stattfinden. Ich kann's mir nicht vorstellen, dies ist das erste Land, das ich kenne, wo ich nicht unbedingt gerne Auto fahren würde, und das Reisen im Bus ist wohl eher eine Last.
Warum? Schon in den 70ern waren die Buslinien in Griechenland, aber vor allem in der Türkei auf einem tollen Stand, es gab Reservierungspflicht und ein gut durchdachtes Nacht-Fernbussystem, man sagte, im Gegensatz zur ungepflegten langsamen staatlichen Bahn wollten die Busunternehmer eben auch Gewinn machen. Können sie das in der Ukraine nur auf so kleinem Niveau, ohne Investitionen? Oder gilt Reisen hier als etwas Anrüchiges? Bleibt man anständig besser zuhaus? Wenn man es bequem haben will, offenbar.

Es schneit weiter. IF ist gemütlich, matschig, unübersichtlich und hat ein equisites Rathaus mit schrägen Fronten aus den 20er Jahren. Was man finden will, muss man suchen, Kleinstadt, nichts weist für einen mitteleuropäischen Fremden hier auf sich hin.

Samstag, 13. März 2010

Lemberg 2

Hier im Frühstücksraum, der aufgesetzt geschmückt, aber von eher misslaunigem Personal bevölkert und heute fast völlig leer ist, während gestern Reisegruppen aus Amerika und reiche Paare aus Russland sich bei den leckeren Rauchwürsten und an klapprigen Kaffeemaschinen drängelten, läuft die ganze Zeit eine Jammerpopmusik von jungen Frauen, die sich irgendwie alleingelassen fühlen. Unerträglich - halt: Während ich das tippe, rauscht eine Harfe, und 'Dance me to The End of Love' setzt ein. Es passt gut in die Stadt.
Cohens Art ähnelt auch diesem eigentlich hässlichen, plüschig reichen Hotel mit den vielen angenehmen Kleinigkeiten. Genau hier würde er absteigen, nachdem das George Hotel direkt im Zentrum renoviert werden muss.

Hier gib es O-Busse, die ich aus meiner Kindheit kenne. Manchmal schleichen sie im Schritttempo, die Kälte setzt ihnen zu. Eben hat ein O-Busfahrer die rausgerutschten Kontaktbügel mit einer Art Lasso wieder eingesetzt, das passierte manchmal in der Kurve in Alt-Marienfelde, als ich mit dem 32er zum Schwimmunterricht fuhr.

Es fängt an zu schneien. Ich suche ein Büro, wo man angeblich Busfahrscheine im Voraus kaufen kann, erfolglos. Heute nervt einiges, z.B. Verkehrslärm, Leute, die meine sorgsam rausgesuchten Worte nicht verstehen oder dass meine Zimmerkarte im Lift auf rot geht, obwohl ich nachgebucht habe. Wann ich denn zu zahlen gedenke? Wenn ich auschecke, wie überall sonst auf der Welt. "Sorry, but you are in Ukraine, you can buy the tickets only at the Bus Station, not in center", sagt eine junge Frau, ich halte es erst für einen Angriff auf den Touristen, aber dann merke ich, dass sie eher von ihrem Land genervt ist. Wir lächeln.

Ich suche und finde das Pinzel-Museum.
Es ist in einer römisch-orthodoxen Kirche untergebracht. Am Eingang sitzen eine Kartenfrau und ein Wachmann in zwei Einzelkabinen. Man kauft bei der Frau die Karte, zeigt sie dem Wachmann und tritt zwischen beiden hindurch.
Es gibt im dunklen Kirchenschiff ein paar Erläuterungen in Englisch, darüber hinaus ist man eigenem Eindruck oder Wissen überlassen. Es bleibt unbekannt, woher Johann Georg Pinzel stammt, in die dokumentarische Wirklichkeit trat er mit seiner Heirat. Das war in Lemberg um 1750 (genaues Jahr später eintragen, nicht mitgeschrieben).
Die ausgestellten Plastiken sind weitgehend Torsen, irgendwas fehlt immer, und hingewiesen wird auf Bauten, die er ausgestaltet hat zusammen mit einem Architekten, es gab auch Prozesse deswegen, die Konkurrenz sprach von Korruption bei der Auftragserteilung.
Jedenfalls sind es hochpathetische Stein - und Holzleiber, die hier ausgestellt sind. Meist Männer, man sieht das Muskelwerk und die Eingeweide übertrieben heftig durch die Haut schimmern. Das Sezierwissen der Renaissance ist in die Gebrauchskunst voll eingegangen. Die Spielfreude bei den Details schafft einen Übergang zu den Horrorgestalten, die ein Jahrhundert später modern werden: Hundeartige Fußzehen, filigran lange Fingernägel. Eine Frau ist vollkommen unmuskulös, hautumspannter Matsch, eine andere unglaublich theatralisch in einen Mantel gehüllt, der sich bauscht, als würde er damit eine schwierige, lange geübte und vor geheimer Bedeutung berstende Mitteilung machen wollen. Was wie ganz zufällig wirken soll, erscheint am künstlichsten. Vielleicht war's dem Künstler sogar bewusst und er bebildert die religiöse Behauptung: Es gibt keinen Zufall?
Die meisten dieser Figuren haben die Tendenz, zu feingeflochtenen Stricken zu werden. Angeblich hat jeder Fingerzeig dabei etwas zu bedeuten, eine Machart, die Pinzel von den Byzanthinern übernommen haben soll.
Ich finde, dass gerade die zerstörten Exponate zeitgemäß sind: Ein Kinderengel-Torso, dem ein Füsschen und ein Händchen fehlt, gibt ein gutes Landminen-Mahnmal ab.
Während ich Notizen tippe, stellt sich übrigens der Wachmann manchmal neben mich, weil er glaubt, das wäre eigentlich doch ein Fotoapparat und im unbewachten Augenblick würde ich das Verbotene tun und er wäre dann da, um es zu verhindern.
Pinzel wird als Meister der Psyche seiner Figuren angesehen, die sich vor allem in der Draperie ausdrücke. Seine Schüler seien dann noch theatralischer geworden und äußerlicher. (Sagt man immer gern, wenn man etwas zum Mittelpunkt macht - wenn ein Nachfolger dieser Mittelpunkt wäre, hieße Pinzels Meisterschaft 'ein erster Versuch', den dann xy vollkommen gemacht hat. Es gibt nur ganz wenig Gegenden, wo man mir sowas nicht einreden kann.) Das Foto einer 'Virgin' von Pinzel an einer Kanzel jedenfalls, halbkniend mit Flügelarmen und nackten Beinen sieht ausgesprochen phantastisch, gewagt und attraktiv aus. Frage mich, ob die entsprechende Kirche vielleicht deshalb zerstört worden ist.
Und enttäusche die Kartenfrau beim Weggehen, die vermutet hatte, jemand, der so lange bleibt, kauft dann auch den umfangreichen, für meine Verhältniss nicht teuren Bildband. Er ist mir aber zu schwer.

Ich werde auch enttäuscht: Der Trottel, der sich nicht ausdrücken kann, sagt zwar Tee, aber es gibt acht Sorten, und die, auf die er zeigt, ist irgendwie grad nicht da, da muss die Frau auf ihn einreden, ihre Kollegin kichert, jetzt zeigt er auf eine andere Sorte: auch grad nicht da, na sowas, setzen wir das Spiel doch durch alle Teessorten fort...
Das in einem Altstadtcafé, Hinterhof und geradezu romantisch verlebt eingerichtet, die Tapeten beklebt mit alten deutschsprachigen Zeitungsresten, Jahrhundertwende, eine schöne Idee, aber die Atmo so, dass der Fremde bald geht.
Das Gebäck allerdings hervorragend, Blätterteig-Rosine warm, und Tee kam dann einfach, als ich deutlich machte, die Einzelheiten wären mir wurscht.

Es ist ein bisschen wie in Breslau 1992 hier, damals galt dort der Vergangenheits-Tourismus noch als fragwürdig, unmodern, ein paar Jahre später wurde das Wurzelsuchen und Stöbern in den versteckten deutschen Spuren fast eine Mode , vielleicht mehr noch für junge Polen als für die Heimweh-Reisenden samt Enkel. Könnte hier auch so passieren, stärker noch, denn die versteckten Zeichen beziehen sich auf größere europäische Traditionen, Lemberg/Lwow/Lviv wäre ein Riesen-Puzzle der Kulturgeschichte. Erster Schritt, das Spiel anzufangen, müssten Wegweiser, Stadtführer, Gesprächseinleitungen in 'unseren' Sprachen sein, also auch mit lateinischen Buchstaben. Was kann man hier alles entdecken und suchen (danke für Gumperz' Hinweis auf die Mathematiker)? 'Unsere' Schrift wäre dazu dann erstmal Mode, bei den w-lan-Cafés fängt es jetzt schon an. Dann würde das eine Weile übertrieben werden und absurde Auswüchse haben, aber vielleicht schon die übernächste Oberschüler-Generation in der Westukraine würde sich wieder aufs Kyrillische und den asiatischen Einfluss zur Zeit der Sovietunion zurückberufen. Denn auch da kann das Wurzelsuchspiel getrieben werden, Kultureinflüsse von Weitost machen die Lebenshaltung dieser Stadt jetzt mit aus. Ob es einem passt oder nicht: Lviv wird nicht so amerikanisch sein wie Prag. Jedenfalls in meinem Planspiel.

Abends in die Oper. Der Jahrhundertwende-Bau eine Augenweide an Verzierungen, Wölbungen, Schwung-Dekors, Brüstungen, drei Stockwerke Balkone, in einem Zustand angenehmer Gepflegtheit alles, aber eben alt und nicht (wie bei uns oft üblich) in modern auftrumpfender Altertümlichkeit gehalten. Toll die Musiker in ihrem Graben vorher, spielten beim Einstimmen verschiedene gediegene Kurzwerke in Zwölftonart. Weniger mitreißend eine Direktorin, die eine Vorrede hielt, dazu ein Laufband über der Bühne mit der mehrsprachigen Bitte um Handyverzicht. Später lief das Laufband weiter mit ukrainischer Übersetzung der Texte (wenn's nicht doch Werbung war).
Carmina Burana, Balett und Chor, der leider wegen der Tänzer hinten aufgestellt und mir zu leise war. Manchmal Temposchwankungen wegen der weiten Wege, fast jedesmal nach einem Lied der Versuch, Beifall zu geben, der vom weiter treibenden Dirigenten vereitelt und einem Teil des Publikums durch leises Zischen verurteilt wurde. Aber immer wieder neu aufkam. Eine furchtbar gefallsüchtige Musik, ich kenne sie, seit ich 14 bin, jetzt ertrage ich diese Tänze und Chöre nur noch, wenn von Dark Wave Gruppen brachialisiert, denn brutal sind sie, brutal einfach, Pseudo-Volk, in einem so festlichen zweideutigen Rahmen wie diesem Provinz-Opernhaus entlassen sie allen unfreiwilligen Ekel des faschistisch affizierten Bürgertums: das Lateinische für den Studienrat, das Amouröse für den Chirurgen nebst Gattin, das Sülzige für das Hausmädchen, Pseudoinnigkeit für clevere Seelchen wie Luise Rinser, das Stampfende für den Korpsstudenten nebst Konkubine im annektierten Ausland - es mündet alles in Unterwerfung und Schicksalslob. Besatzungsoffizier Orff hat das zuwege gebracht (der sich im wirklichen Leben nicht zu blöde war, einen Ersatz-Sommernachtstraum statt der verbotenen Mendelssohn-Musik für die Nazis zu schreiben, sogar Richard Strauss hatte abgelehnt). Es gefällt, von Anfang an. Charles Ives, den ich vorgestern nacht noch im Hotel gehört habe, gefiel anfangs gar nicht, obwohl die gleiche Idee: Alte Texte, Chorgesang und Orchester, Voksweisen einkomponiert. Viel zu frei zum Gefallen ist das, man muss die Ohren dazu schräg halten, entscheiden, auf was man achten will beim Zuhören. Dazu lässt es Unteroffizier Orff gar nicht kommen. Wer nicht zuhört, kriegt erstmal eine geknallt. Scheint so, als mögen das 'ne Menge Menschen bis heute.
Aber der Schlussbeifall gilt den Mitwirkenden. Man winkt sich zu oder trinkt noch ein Glas im 1. Stock. Und später eins im Brachial-Kellerladen 'Archivo', mit orff-erledigenden Märschen im Zeitraffer, dazu ein Fussballspiel aus dem TV, kein Dezibel mehr für Gespräche, aber das schnellste offene w-lan der Stadt.

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