Samstag, 28. Mai 2011

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27./28.5.

Czernowitz - wie letztes Jahr fuhr der Busfahrer wieder nicht zum Voksal, dem Busbahnhof. Diesmal hielt er netterweise an einem Kreisverkehr vor der Stadt und meinte, zum Hotel Bukowina ginge es mit Taxi weiter. Wir stiegen etwas verwirrt stattdessen in den wartenden Trolleybus, und wie letztes Jahr kam der irgendwann am Hotel vorbei.
Quer durch die Stadt, erst über den Pruth, in dessen weitem Tal wir von Kolymea hergekommen waren, dann am Jugendstilbahnhof vorbei, den Berg hoch in die Altstadt, wo die Märchengebäude stehen, am Volkspark längs. Der Wind, der durch die Stadt weht, die auf Hügeln liegt, riecht nach Meer, dabei ist es nur dieser Fluss, der die Frische bringt, die so nötig ist, denn die Autos stinken und rumpeln noch mehr als in Lviv. Wir haben ihn ganz klar und klein bei Werchowyna gesehen, hier ist er schon verzweigt und träge geworden, der Pruth - heute sind wir an seinem Ufer lang durch schöne Schatten gewandert, immer links die Stadt, davor Industriebrachen, immer wieder alte Angler, junge Männer mit Radiohandies, Fahrradfahrer, bis zu einer großen Badestelle mit Tavernen drumrum, öffentlichen Klos, einer stillen Idylle. Die Menschen hier sind nie aufdringlich laut, auch auf dem Riesenmarkt nicht, den wir vorher besucht hatten am anderen Pruthufer, Hallen mit Ständen für Kram jeder Sorte, nur lebende Tiere fanden wir nicht, in der Hochzeitskleiderhalle wurde uns das Fotografieren verboten, sonst durfte man alles aufnehmen. Man hätte sich neu einrichten, - kleiden, - ins Leben einweisen lassen können. Übernächtigte Kellnerin mit einem Ausschnitt, der wie aus ihrem vorigen Job als Stripgirl die Nacht über wirkte, machte uns Kaffee americano. Zurück von der Badestelle kamen wir im Schleichweg (enem Pärchen nachgegangen) über verzweigte Eisenbahngleise, nahmen dann auf dem Bahnhof an der Verabschiedung eines D-Zugs nach Kiev teil, gepfiffen wurde, gewinkt, kommandiert, dann setzte vom Band Marschmusik ein, man stand in Habachtstellung das Musikstück über so da, dann winkten wieder alle, wischten sich Tränen ab, Soldaten bezogen die Stellungen an den Türen, die Schaffnerinnen sprangen auf, Türen verschlossen, wieder allgemeines Winken und Schluchzen, dann setzte ein kürzeres Musikstück ein. Endlich fuhr der Zug. Man hätte nebenher laufen können, wenn man es trainiert hätte. Natürlich nicht bis Kiev, wo er morgen gegen 7 Uhr ankommen wird, wenn’s nach Fahrplan geht.
Gestern nacht, in einem eher deutschen Lokal mit Krombacher Bier, wollte ich eine Stelle aus einem Gedicht von Rose Ausländer suchen, kam von Wikipedia auf utube, hörte plötzlich die Stimme der Dichterin, lies sie mir mehrere Gedichte vorlesen in diesem gekanteten, ein bisschen auch abwinkenden Stimmklang, der mich auf einmal zu einer Vorstellung brachte, wie die jüdischen und deutschen Bewohner hier wohl gesprochen haben. Das beste Gedicht, fand ich, ,Das Fest‘. Die schönste Stelle (aus einem anderen): „Narzissen - wir lagen auf dem Wasser, hielten uns selbst im Arm“.
Cernivci ist seit dem letzten März, so scheint es mir, unverändert. Wir bleiben einen Tag länger als geplant, mindestens.

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